Keto ist nicht gleich Keto. Es gibt verschiedene Diätvarianten – und nicht jede passt zu jedem. Viele Wege führen in die Ketose.
Eine ketogene Ernährung ist jede Form der Ernährung, bei der dein Körper in Ketose kommt – also Ketonkörper bildet.
Es gibt nicht die eine Keto-Diät. Es gibt unendlich viele Varianten.
Ob vegan, rein tierisch oder irgendwo dazwischen: Entscheidend ist, dass dein Körper in Ketose kommt und du dich dabei wohlfühlst.
Grundsätzlich sieht eine Keto-Diät so aus:
- Moderater Eiweißanteil
- ca. 65 % oder mehr Kalorien aus Fett
- ca. 20g oder weniger Kohlenhydrate pro Tag
Für den therapeutischen Einsatz – etwa bei Migräne oder Epilepsie – haben sich vier Keto-Formen besonders bewährt.
Vier bewährte therapeutische Keto-Varianten – und was sie unterscheidet
Die folgenden vier Varianten begegnen dir am häufigsten, vor allem in therapeutischen Kontexten.
- Klassische Keto-Diät (4:1): Das Original, seit 100 Jahren in der Medizin angewendet, extrem fettreich und sehr streng und sehr weit weg von der “normalen Ernährung” – bedarf spezieller Rezepte, muss ärztlich überwacht werden
- Modifizierte Keto-Diät (3:1): Etwas flexibler als 4:1, aber weiterhin anspruchsvoll. Wird oft unter fachlicher Begleitung durchgeführt.
- Modifizierte Keto-Diät (2:1): Viele Einsteiger halten sie für „strenge Keto“, dabei ist sie eher die goldene Mitte – ein Kompromiss zwischen Ketose und Alltagstauglichkeit.
- Modifizierte Atkins-Diät (1:1 bis 1,5:1): am wenigsten ketogen, aber der intuitivste und einfachste Ansatz ohne Abwiegen – erlaubt sättigende Portionsgrößen an Eiweiß sowie eine größere Lebensmittelauswahl. Gut für den Einstieg.
Der wichtigste Unterschied zwischen den Diätvarianten liegt im sogenannten Keto-Verhältnis, also dem Verhältnis von Fett zu Nicht-Fett (Eiweiß + Kohlenhydraten).
Faustregel: Je höher dieses Verhältnis, desto ketogener – aber auch anspruchsvoller in der Umsetzung.
Was bedeutet ketogenes Verhältnis?
Beschreibt das Verhältnis von Fett zu Nicht-Fett (Eiweiß + Kohlenhydrate) in Gramm. Ein Verhältnis von 4:1 bedeutet, dass du viermal so viel Fett wie die Menge an Eiweiß und Kohlenhydraten zusammengerechnet essen sollst.
Ein Beispiel:
Du isst 40g Fett bei einer Mahlzeit. Dann dürfen Eiweiß + Kohlenhydrate zusammen maximal 10g betragen (z. B. 8g Eiweiß + 2g Kohlenhydrate)
1. Das Original: Klassische ketogene Diät (4:1)
Die Mutter aller Keto-Diäten. Die klassische ketogene Diät wurde in den 1920er-Jahren entwickelt, um die Effekte des Fastens therapeutisch nachzuahmen, und zwar zur Behandlung von Epilepsie bei Kindern. Eine ketogene Therapie mit mehr als 100 Jahren Geschichte.
Makros:
- 90 % Fett
- 6 % Protein
- 4 % Kohlenhydrate
Wie einfach ist die Umsetzung?
Anspruchsvoll: Mahlzeiten, die zu 90 % aus Fett bestehen sind alles andere als ausgewogen. Jede Zutat muss grammgenau abgewogen werden, die Lebensmittelauswahl und Portionsgrößen sind eingeschränkt. Auch der Eiweißanteil wird bewusst reduziert, um hohe Ketonenwerte zu erreichen. Solche strikten ketogenen Ernährungsformen erfolgen meist unter ärztlicher oder ernährungsmedizinischer Aufsicht, um Mangelerscheinungen zu vermeiden. Und werden in der Regel stationär eingeleitet. Aber: Sie ist auch die Variante, die am zuverlässigsten in eine tiefe Ketose führt.
Für Migräne-Betroffene geeignet?
Studien deuten darauf hin, dass eine ketogene Ernährung die Häufigkeit und Intensität von Migräneanfällen deutlich reduzieren kann. Allerdings ist die klassische 4:1-Diät aufgrund ihrer Strenge im Alltag schwer umzusetzen. Auch ist noch nicht abschließend geklärt, welche Ketose-Zielwerte bei Migräne sinnvoll sind – und ob mehr = besser ist. Andere Keto-Varianten bieten eine praktikablere Alternative mit vergleichbarer Wirksamkeit.
2. Modifizierte Ketogene Diäten (3:1 und 2:1)
Alltagstauglicher als das Original, aber immer noch kein Spaziergang. Diese modifizierten Varianten wurden entwickelt, um die klassische 4:1-Diät etwas praktikabler zu gestalten und dennoch Ketose herbeizuführen.
Makros:
- 3:1 Verhältnis: ca. 87 % Fett, 10 % Protein, 3 % Kohlenhydrate
- 2:1 Verhältnis: ca. 82 % Fett, 12 % Protein, 6 % Kohlenhydrate
Wie einfach ist die Umsetzung?
Selbst bei der Variante 2:1 ist die Ernährung kein Selbstläufer. Man muss deutlich mehr Fett essen, als es selbst für Keto-Geübte intuitiv erscheint. Einfach nur Fleisch und Salat auf den Teller werfen? Reicht nicht. Man muss gezielt mit Fett nachhelfen: ein Löffel Butter mehr, zusätzliches Öl, eine halbe Avocado hier, ein fettreicher Dip da.Das ist am Anfang nicht besonders intuitiv. Aber: Hat man einmal eine gute Sammlung an passenden Rezepten, ist es machbar. Schwierig wird es dort, wo man wenig Kontrolle über die Zutaten hat: beim Ausgehen, auf Reisen oder bei Einladungen.
Für Migräne-Betroffene geeignet?
Ja. Diese Keto-Diäten bieten etwas mehr Flexibilität als die klassische 4:1-Variante, bleiben aber trotzdem streng genug für therapeutische Effekte. Trotzdem gilt auch hier: Es geht einfacher. Und oft reicht das auch – je nachdem, wie dein Körper auf Ketose reagiert.
3. Modifizierte Atkins Diät (MAD)
Die MAD wurde von Dr. Eric Kossoff an der Johns Hopkins University entwickelt – mit dem Ziel, eine alltagstaugliche, aber trotzdem wirksame Alternative zur klassischen Keto-Diät zu schaffen.
Makros
- 65 % Fett
- 27 % Protein
- 8 % Kohlenhydrate
Entspricht ungefähr einem 1:1 Keto-Verhältnis von Fett zu Nicht-Fett.
Wie einfach ist die Umsetzung?
Von allen Keto-Varianten ist MAD am einfachsten umzusetzen, ohne Küchenwaage, ohne spezielle Rezepte. Das ist auch die Version, bei der ich intuitiv immer wieder selbst lande, wenn ich nicht jedes Gramm Fett und Eiweiß einzeln abwiegen will.
Die Grundregeln sind simpel:
- 10–20 g Kohlenhydrate pro Tag sind fix, am Anfang am besten tracken/ abwiegen, um ein Gefühl für die Kohlenhydratmengen von Lebensmitteln zu bekommen.
- Jede Mahlzeit sollte eine gute Portion Eiweiß (z. B. Fisch, Fleisch, Eier, Käse) und reichlich Fett (z. B. Butter, Sahne, Mayo, Olivenöl) enthalten. Eiweiß und Fett können bis zur Sättigung gegessen werden – keine Kalorienzählerei, kein Abwiegen der Portionen notwendig.
Für Migräne-Betroffene geeignet?
Definitiv. Die modifizierte Atkins-Diät wurde bereits im Migränekontext wissenschaftlich untersucht und hat dabei vielversprechende Ergebnisse gezeigt. Und aus eigener Erfahrung: Sie ist die realistischste Variante für den Alltag – besonders langfristig. Wenn ich nicht auf alles achte, aber dennoch keto-freundliche Lebensmittel esse, lande ich automatisch immer wieder bei dieser Variante der Keto-Ernährung.
Weitere Tools und Modifikationen, um die Keto-Diät an deine Bedürfnisse anzupassen
Carnivore / Ketovore
- Nur tierische Lebensmittel, bei Carnivore: Fleisch, Innereien, Eier, Fisch, Milchprodukte, tierische Fette (Butter, Ghee, Rindertalg, Schmalz)
- Ketovore lässt nur geringe Mengen ausgewählter, gut verträglicher Gemüsesorten zu – etwa Avocado, Zucchini, Gurke, Sauerkraut und Kräuter
- Besonders geeignet bei Migräne mit Lebensmittelunverträglichkeit, weil diese Diätform, typische Allergene oder Trigger Foods auf ein Minimum reduziert bzw. beseitigt.
MCT-Öl
- MCT-Öl (C8 C10), aus Kokosöl gewonnen, erhöht schnell den Ketonspiegel, unabhängig von der restlichen Ernährung.
- Kann helfen, den Übergang in die Ketose zu erleichtern oder in stressigen Phasen, bei Schlafmangel, Reisen oder hormoneller Migräne
- Zu viel MCT auf einmal kann abführend wirken. Menge langsam steigern.
- Gut als „Stützrad“, aber nicht als Dauerstrategie. Denn Ziel sollte immer sein, die körpereigene Ketose durch ideale Ernährung zu erreichen und nicht eine suboptimale Ernährung künstlich durch Nahrungsergänzungsmittel zu kompensieren.
Fasten, aber smart
- Fasten wirkt wie ein positiver Trainingsreiz für den Stoffwechsel und fördert die Ketonenproduktion.
- Intermittierendes Fasten (z. B. 16:8) ergibt sich bei Keto oft ganz natürlich. Man hat weniger Hunger, ein längeres Sättigungsgefühl nach dem Essen, so dass viele Menschen irgendwann von sich aus auf zwei große Mahlzeiten am Tag umsteigen (z.B. spätes Frühstück + Abendessen).
- Aber: längeres Fasten (24h+) kann Migräne triggern, vor allem bei Schlafmangel, Stress oder hormonellen Schwankungen (z. B. kurz vor der Periode). Zu viel Reiz überfordert das System.
Welche Keto-Variante ist bei Migräne am effektivsten?
Eine Meta-Analyse von Neri et al. (2023)* untersuchte verschiedene Formen der ketogenen Ernährung im Hinblick auf ihre Wirksamkeit bei Migräneprävention. Dabei wurden folgende Ansätze verglichen:
- Stark kalorienreduzierte ketogene Diät
- Modifizierte Atkins-Diät
- Klassische ketogene Diät (4:1)
- Supplementierung mit exogenen Ketonkörpern
Das Ergebnis: Alle ketogenen Diäten reduzieren Migräne signifikant.
Ob streng, moderat oder unterstützt durch exogene Ketonkörpern – Ketose hat eine präventive Wirkung bei Migräne.
Mehr Ketone = weniger Migräne? Nicht unbedingt. Aktuell fehlen wissenschaftliche Belege, dass höhere Ketonwerte automatisch zu einer stärkeren Migränereduktion führen. Studien zeigen, dass bereits eine moderate Ketose (Blutmessung: Werte ab etwa 0,5 mmol/l) positive Effekte haben kann.
Wie finde ich heraus, welche Keto-Variante für mich funktioniert?
Die modifizierte Atkins-Diät ist ein hervorragender Einstieg in den ketogenen Lebensstil. Ich selbst habe mit dieser Variante angefangen und innerhalb von 2 Monaten meine Migränetage von 10 auf 3 Tage pro Monat reduziert. Wenn ich heute nochmal starten müsste, würde ich es exakt genauso machen.
Die Keto-Diät sollte man idealerweise rund drei Monate machen – dann ist ein guter Moment, um zu schauen, wie gut sie wirkt. Auf dieser Basis kannst du optimieren:
- Möchte ich tiefer in Ketose gehen? z. B. strengere Makros, (intermittierendes) Fasten oder MCT-Öl)
- Lebensmittelauswahl anpassen: z.B. für 1-2 Wochen auf bekannte Trigger-Lebensmittel verzichten und schauen, wie es einem damit geht. (z. B. Nüsse, Milchprodukte)
- Weitere Lifestyle-Optimierungen? z. B. Schlafqualität verbessern, mehr Sport
Aber: Wenn du tiefe Ketose ohne großen Aufwand erreichst – super. Wenn nicht: Stress dich nicht unnötig. Die Jagd nach maximalen Ketonwerten ist nicht immer sinnvoll.
*Quellen:
De Cassya Lopes Neri, L., Ferraris, C., Catalano, G., Guglielmetti, M., Pasca, L., Pezzotti, E., Carpani, A., & Tagliabue, A. (2023). Ketosis and migraine: a systematic review of the literature and meta-analysis. Frontiers in Nutrition, 10. https://doi.org/10.3389/fnut.2023.1204700.